Was Sie übers Backen mit Dinkel und Weizen wissen sollten

01. Januar 2025

Selbstgebackenes ist unschlagbar. Gesundheitsbewusste Zeitgenossinnen und -genossen fragen sich: Was ist besser - Dinkel- oder Weizenmehl? Markus Blaser, Lebensmitteltechnologe bei Bio Suisse, und Brotsommelier Alfred Bau kennen die Vor- und Nachteile vom Backen mit Dinkelmehl und verraten, was es unbedingt zu beachten gilt.

In Supermärkten und Reformhäusern ist die Auswahl an Produkten aus Dinkel gross: Angefangen bei Mehl und Brot gibt es auch Körner und Flocken fürs Müsli. Es gibt Kaffee aus Dinkel, dazu Waffeln und Kekse und nicht zuletzt Dinkelbier. Was beweist, dass Produkte von dieser Getreideart weiterhin im Trend liegen, auch wenn sich der Boom der letzten Jahre etwas abgeflacht hat.

Viele Menschen haben während Corona vermehrt zuhause gebacken, doch seit dem Ende der Pandemie konsumieren sie wieder öfters auswärts. Entsprechend sind sowohl die Verkäufe von Weizen-, als auch von Dinkelmehl rückläufig, wie Zahlen des Bundesamtes für Landwirtschaft zeigen: Während 2021 hierzulande noch 2218 Tonnen Dinkelmehl verkauft worden sind, waren es ein Jahr später noch 1748 Tonnen.

Dinkelmehl in einer Schüssel
(Maksim Shebeko)

Mehr Nährstoffe als Weizen

Das ändert nichts an der Tatsache, dass sich Dinkelmehl in Schweizer Haushalten etabliert hat. Das Getreide wird in unseren Breitengraden schon seit der Steinzeit angebaut. Gerade wer gegenüber Weizenmehl skeptisch ist, greift öfter zu Dinkel. Markus Blaser, Lebensmitteltechnologe bei Bio Suisse, sieht folgende Vorteile beim Vollkorn-Dinkelmehl: «Es enthält viele Nahrungsfasern und B-Vitamine. Zudem sagt man, dass dieses Mehl etwas besser verträglich ist.»

Doch wo liegen die Unterschiede zwischen Dinkelmehl und Weizenmehl? «Allein schon in der Zusammensetzung: Dinkelmehl weist einen höheren Gehalt an Mineralstoffen wie Magnesium, Zink und Eisen auf. Der Eiweissgehalt ist höher und es ist reicher an einfach und mehrfach gesättigten Fettsäuren. Zudem ist das Gluten anders zusammengesetzt, was sich auf die Backwarenherstellung und das Endprodukt auswirkt», sagt Blaser. Im Vergleich zu hellen Weizenmehlen enthalten helle Dinkelmehle ausserdem mehr Ballaststoffe.

Dinkel besitze darüber hinaus einen bestimmten Eigengeschmack. «Deshalb weisen die Erzeugnisse aus Dinkelmehl oftmals ein nussiges Aroma und dadurch einen speziellen Charakter auf.» Dieser nussige Geschmack eignet sich für Brot ebenso wie für Guetzli.

Auch Dinkel enthält Gluten

Wichtig zu wissen ist, dass gängiges Dinkelmehl auch einen Anteil an Weizen enthält. Dies aus dem einfachen Grund, dass die Getreidesorte zur selben Pflanzenfamilie gehört wie Weizen. Zudem sind manche Dinkelsorten mit Weizen gekreuzt. Wer reines Dinkelmehl ohne Weizen konsumieren möchte, sollte UrDinkelmehl verwenden: Die seit 1996 eingetragene Marke setzt ganz auf alte Schweizer Dinkelsorten – diese sind garantiert frei von Weizen. Doch ob man UrDinkelmehl oder andere Dinkelmehle verwendet: Jedes Dinkelmehl enthält Gluten. Für Personen, die unter Zöliakie, Proteinallergie oder Glutensensivität leiden, eignen sich Dinkelmehle nicht. Und auch bei Weizenunverträglichkeit kann man nicht einfach auf Dinkelmehl umstellen.

Als Gluten bezeichnet man Klebereiweiss, das im Mehl enthalten ist. Der durchschnittliche Glutengehalt liegt bei Dinkel etwas höher als bei Weizen.

Und was sollte man beim Backen beachten? 

Backen mit Dinkel

Es gibt zwei Arten von Gluten – eine davon ist teilweise wasserlöslich, die andere nicht. Beide kommen in leicht unterschiedlichen Zusammensetzungen in beiden Mehlen vor. Das teils wasserlösliche Eiweiss heisst Gliadin: Es reagiert mit Wasser und trägt zur Viskosität des Teigs bei - Gliadin macht den Teig dehnbar. Das andere Eiweiss namens Glutenin ist wasserunlöslich. Es bildet im Weizenteig stabile Netzwerke – aber im Dinkelteig hat es diese Fähigkeit nicht im gleichen Masse. «Daher ist die Teigstruktur von Dinkelteigen weniger stabil und weniger elastisch als die von Weizenteigen», erklärt Lebensmitteltechnologe Markus Blaser.

Der Ostschweizer Bäcker- und Konditormeister Alfred Bau sagt: «Backt man sein Brot mit UrDinkel-Mehl, dann hat dieses ein kleineres Volumen und ist nicht ganz so luftig wie ein Weizenbrot.»

Dinkelbrot erfordert schonende Bearbeitung

«Wer selbst ein Brot aus UrDinkelmehl backen will, soll den Teig langsam und mit viel Bedacht bearbeiten», rät Alfred Bau, der auch geprüfter Brot-Sommelier ist. Fertige er zuhause Dinkelbrot an, dann verzichte er auf die Knetmaschine und lege lieber selbst Hand an. «Andernfalls dehnt sich der Gluten im Teig aus wie ein Gummiball und beginnt zu labern. Denn knetet man zu intensiv, läuft der Teig breit und die Folge ist ein flaches Brot. Wenn ich dann noch Mehl hinzugeben, wird die Sache trocken.»

Bereitet er seinen Dinkelzopf mit der Maschine zu, dann knetet er diesen nur rund drei Minuten lang – und das auf niedrigster Stufe. Ein Weizenzopf hingegen erfordere eine zwei- bis dreifach so lange Knetphase. Für Baguettes oder Zopf verwendet Bau UrDinkelmehl des Typs 630. «Für andere Brotarten empfiehlt sich das UrDinkel-Halbweissmehl, etwa vom Typ 720, oder sogar ein UrDinkel-Ruchmehl, vorzugsweise ein Typ zwischen 900 und 1000.» Je höher diese Zahl, desto dunkler ist das entsprechende Mehl.

Was die Frischhaltung anbelangt, könnten grundsätzlich alle Produkte lange haltbar sein. «Voraussetzung dafür ist, dass man ein stabiles Produkt kreiert.» Und wie erzielt man ein solches? «Dafür sind sogenannte Vorteige nötig, mit Lievito Madre oder Brühstück (mit diesem werden dem Teig mit Wasser verquellte Zutaten beigefügt). Eigentlich ein Muss, um ein Brot weniger krümelig und somit auch länger haltbar zu machen», betont der Bäcker- und Konditormeister

Tolle Weihnachtsguetzli mit UrDinkelmehl

«Für süsse Produkte empfehle ich das hellste UrDinkelmehl vom Typ 630», sagt Alfred Bau. «Denn dieses UrDinkelmehl verleiht dem Teig eine gewisse Mürbigkeit.» Fertige er ein Gebäck an, bei dem der Gluten zu kräftig ist, gibt er zum Weizen- gerne auch UrDinkelmehl hinzu. «Das bringt Aroma.»

Bei Weihnachtsgebäck empfiehlt Alfred Bau jedoch, ganz auf Weizenmehl zu verzichten: Dinkelmehl eignet sich besonders gut für Weihnachtsplätzchen, da es die Konsistenz und den Geschmack stärkt. «In diesen Fällen verwende ich lieber helles UrDinkelmehl – das gibt prächtige Mailänderli, gerade vom Biss her. Oder Sablés, die sich auch mit Haselnüssen oder Schoggi mischen lassen. Das ergibt wirklich tolle Produkte.»

Alfred Bau, Brotsommelier

In seinem Betrieb, der «Brotvernissage», führt Bau neben Erzeugnissen aus Roggen und Weizen auch zwei Produkte aus UrDinkel: Das «Urkorn Dinkel» mit krosser Kruste und milden Honig- sowie Röstaromen, und einen Dinkel-Zopf. Dieser besteht aus UrDinkelmehl aus der Region, Wasser, UrDinkel-Lievito Madre (einem milden, selbst angesetztem Sauerteig), einem UrDinkel-Brühstück, Milchpulver, Butter und Alpensalz. Und wodurch zeichnet sich das Produkt aus? Bau: «Der UrDinkel-Lievito Madre verleiht dem Zopf seine Aromen, die nussig-buttrigen Noten und auch seine feine, feuchte Krume.»

Alfred Bau hat insgesamt sieben Brote im Sortiment ­– während die meisten Bäckereien in der Schweiz bis zu dreissig Brotsorten offerieren. 

Beim Zopf macht Weizenmehl das Rennen

«Wer unsere Dinkel-Erzeugnisse kennt und auf eine gesunde Ernährung achtet, der kauft in der Regel diese Produkte», sagt er. Auch Brot aus Vollkornmehl geht oft über die Theke. Viele Kundinnen und Kunden schätzten die Abwechslung und wählten mal ein Roggenprodukt, mal eines mit Weizen oder eben mit UrDinkel. Einzig beim Zopf gibt seine Kundschaft dem Erzeugnis aus Weizen deutlich den Vorzug: «Von diesem verkaufen wir dreimal so viel wie von der UrDinkel-Variante», erklärt Bau. «Während der UrDinkel-Zopf mit einem sehr abgerundeten Aroma aufwartet, steht beim Weizenzopf weniger das Getreide selbst, sondern eher der Buttergeschmack im Vordergrund», ist er überzeugt.

Alfred Bau hört in seinem Alltag immer wieder von Menschen, die sagen, dass sie keinen Weizen vertragen und deshalb Produkte aus UrDinkel verwenden. Was steckt dahinter? «Meiner Meinung nach ist es weniger das Getreide selbst, sondern vielmehr der Prozess der Herstellung, der ein Produkt bekömmlich macht.»

Die wichtigsten Tipps für Dinkelgebäck (und ein Vergleich mit Weizen)

Das Gluten von Dinkel unterscheidet sich in seiner Zusammensetzung und Struktur nur wenig von Weizengluten. Trotzdem ist bei der Verarbeitung einiges zu beachten.

Teig mit Dinkel ist meist flacher

 

Dinkel: Dinkelteige neigen dazu, leichter zu reissen oder flach zu laufen, da sie weniger elastisch und stabil sind. Dinkelmehl-Einsteiger erzielen gute Ergebnisse, wenn sie ihr Dinkelbrot zunächst in der Kastenform backen.

Weizen: Teig mit Weizengluten ist widerstandsfähiger und hält beim Kneten besser zusammen. Dies ist besonders für Brot von Vorteil - das Gebäck wird luftiger.

Dinkel nimmt mehr Wasser auf
 

Dinkel: Das Gluten von Dinkelmehl nimmt mehr Wasser auf als Weizenmehl. Der Teig fühlt sich feuchter und weicher an als ein Teig aus Weizen. Man sollte trotzdem nicht den Fehler machen, einfach mehr Mehl hinzuzugeben - sonst wird das Gebäck trocken.

Weizen: Weizengluten nimmt Wasser konstanter auf. Dadurch ist es einfacher zu handhaben.

Mehltypen je nach Rezept auswählen


Dinkel: Dinkelmehl ist in diversen Typen erhältlich. Die gängigsten sind Typ 630 und Typ 1050, die auch in vielen Supermärkten zu finden sind. Typ 630 ist das hellste Mehl. Es ist verwendbar wie Weizenmehl und eignet sich für feine Guetzli oder Kuchenteige. Typ 1050 enthält mehr Kornanteile und ist dunkler und intensiver - ideal für Brot, Pizza und herzhaftes Gebäck. Typ 1050 wird manchmal auch als Ruchmehl angegeben. Übrigens: Die Typenzahl zeigt an, wie viele Mineralstoffe pro 100 Gramm Mehl enthalten sind. Je mehr von den ballaststoffreichen Randschichten des Korns vermahlen wurde, desto höher die Typenzahl. Bei Dinkel-Vollkornmehl wurde das ganze Korn vermahlen - es hat keine Typenzahl. Weitere Mahlgrade sind in Spezialgeschäften, Bäckereien oder bei Mühlen erhältlich.

Weizen: Weizenmehl ist ebenfalls in verschiedenen Typen erhältlich. Helles Weizenmehl vom Typ 480 eignet sich für Kuchen, Torten und feines Gebäck, aber auch für Spätzli. Typ 700 passt für Gebäck und Brote. Dunkles Weizenmehl vom Typ 1600 wird gern für Brote verwendet, die etwas mehr Geschmack auf den Tisch bringen sollen. Weizenvollkorn wird beispielsweise für Vollkornbrot verwendet.

 

Die richtige Knettechnik
 

Dinkel: Teig mit Dinkelmehl sollte nicht so lange geknetet werden wie ein Weizenmehlteig. Die Gefahr besteht, dass die Eiweissketten wieder auseinanderbrechen. Damit der Teig mehr Wasser aufnehmen kann, geben Brot-Profis ein so genanntes Koch- oder Brühstück dazu.

Weizen: Zusammen mit Wasser bilden die Eiweisse lange Stränge, die den Teig elastisch machen. Ist der Teig gut geknetet, lässt er sich hauchdünn auseinanderziehen ohne zu reissen. Die Eiweissstruktur gibt dem Brot Biss und sorgt für die Kruste.

Infografik Wissenswertes über Dinkelmehl
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