«Es ist einfacher mit Weizen Brot zu backen als mit Dinkel»

29. November 2022

Lilia Levy ist Getreide-Expertin bei Agroscope. Sie erklärt die Unterschiede zwischen Weizen und Dinkel. Ausserdem verrät sie, welcher Weizen sich besonders gut für Guetzli eignet. Denn Weihnachtszeit ist immer auch Backzeit.

Frau Levy, was sind die Unterschiede zwischen Dinkel und Weizen?

Es gibt einen fliessenden Übergang von Dinkel zu Weizen und doch zeichnet sich der Dinkel durch einige dinkeltypische Merkmale aus. Das Weizenkorn ist etwas runder als das Dinkelkorn. Zudem hat Weizen einen höheren Kornertrag als Dinkel. Dinkel wird im Spelz gedroschen, Weizen nicht. Auch die Proteine unterscheiden sich. Der Kleber (Feuchtgluten) vom Dinkel ist anders als beim Weizen. Das wiederum hat Auswirkungen auf die Backeigenschaft.

Lilia Levy in Nahaufnahme
Lilia Levy (46) leitet die Forschungsaktivitäten im Bereich Getreide der Forschungsgruppe «Anbautechnik und Sorten Ackerbau» bei Agroscope.
(Carole Parodi/Agroscope)

Können Sie das näher erläutern?

Es ist beispielsweise einfacher mit Weizen Brot zu backen als mit Dinkel, weil das Gluten im Weizen eine festere Konsistenz hat als Dinkel. Das Weizengluten ist etwas stärker, der Teig geht mehr auf und ist fester. Dies, obwohl Weizen weniger Gluten enthält als Dinkel. Mit Weizen kann man frei geschobene Brote backen, beim Dinkel braucht es in der Regel eine Backform, weil der Teig sonst auseinanderfliesst. 

Je nach Verwendung gibt es verschiedene Kategorien beim Weizen. Nicht jeder Weizen ist für das Backen von Brot geeignet. Dafür ist ein Brotweizen besonders geeignet. Wer einen Kuchen backen will, verwendet am besten Biskuitweizen, weil der die beste Stabilität gibt. 

Was macht einen backfähigen Weizen aus?

Es bedarf einen hohen und qualitativ hochwertigen Proteingehalt. Auch die Stärke des Korns muss gut ausgebildet sein. In Bezug auf die teigphysikalischen Eigenschaften, sollte der Teig kräftig, dehnbar und elastisch sein. Er sollte auch eine gewisse Knetintensität über eine bestimmte Zeit aushalten können, ohne an Kraft zu verlieren. 

Wer einen Kuchen backen will, verwendet am besten Biskuitweizen, weil der die beste Stabilität gibt. 

Geschmack und Form sind das eine, Gesundheit das andere. Es heisst: Dinkel sei gesünder als Weizen. Stimmt das?

Tatsächlich ist der Fettsäuregehalt beim Dinkel besser als beim Weizen. Dinkel ist reich an einfach und mehrfach gesättigten Fettsäuren. Ansonsten lässt sich noch nicht abschliessend bewerten, ob Dinkel gesünder als Weizen ist. Zurzeit läuft ein umfangreiches Forschungsprojekt (SpeltBase21, die Basis für den Dinkel des 21. Jahrhunderts), wo das analysiert wird.

Ist Dinkel für Personen mit Glutenunverträglichkeit geeignet?

Es ist ein Irrglaube, bei Glutenunverträglichkeit (Zöliakie), Glutensensitivität oder Proteinallergie Dinkel in jedem Fall und Weizen gar nicht konsumieren zu können. Die Reaktion fällt von Person zu Person unterschiedlich aus. Mit medizinischen Tests lässt sich dies abklären.

Wie ist denn das Angebot von Bio-Weizen?

Bio-Weizen ist im Aufschwung. Die Anbauflächen nehmen zu. Wir haben inzwischen immer mehr Sorten und es werden neue Sorten getestet. Auch bei den Produzenten findet vermehrt ein Wechsel von konventionellem Weizen zu Bio-Weizen statt.

Wie steht es denn um die Qualität des Schweizer Weizens?

Die Qualität war immer schon eine Stärke der Schweizer Züchtung. Es gibt immer noch Schweizer Sorten, die im Ausland wegen der guten Qualität angebaut werden. Die Züchtung im Ausland hat anders funktioniert. Primär wurden ertragsreiche Sorten gezüchtet, um dann langsam Qualität reinzubringen. Nach ein paar Jahrzehnten gibt es nun auch im Ausland Sorten, die qualitativ gut sind. In der Top-Kategorie findet sich aber keine im Schweizer Markt, da finden sich nur Schweizer Sorten.

Für den Konsument:innen sind die Kategorien auf dem Produkt nicht ersichtlich. Es gibt ein Label (Schweizer Brot/Pain Suisse) das zeigt, wenn Schweizer Mehl verwendet wurde und nicht beispielsweise importierte Teiglinge. Schweizer Bäckereien verwenden aber ohnehin mehrheitlich Mehl von Schweizer Weizen.

Mailänderli und Spitzbuben

Weihnachtszeit ist Backzeit. Welcher Weizen ist am besten geeignet für Weihnachtsguetzli?

Die Schweizer Sorte Dilago wurde speziell für Biskuit gezüchtet und erfüllt alle Anforderungen.

Und was kommt bei Ihnen in der Weihnachtszeit auf den Tisch?

Geht es nach meinen Kindern, kommen vor allem Mailänderli und Spitzbuben auf den Tisch. Mein Mann freut sich immer auf die Anisbrötli.

Gespräch: Oliver Roscher, Bilder: Carole Parodi/Agroscope und Bio Suisse

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