Was ein grosses Herz und ein vielfältiger Hof bewirken

05. Mai 2020



Pia Buob hat als Quereinsteigerin im Herbst 2017 einen kleinen Emmentaler Bauernhof gekauft. Dort züchtet sie die seltenen Evolèner-Rinder und bietet vielen weiteren Pflanzen, Tieren und Menschen einen Platz.

«Das ist eine Pfauenziege und das hier ist eine Bündner Strahlenziege.» Pia Buob kniet sich nieder. Die Tiere trotten ihr neugierig entgegen und lassen sich am Hals kraueln. Zum Grüppchen der beiden Pro-Specie-Rara-Rassen gesellt sich eine seltene Thüringer Waldziege. Die Emmentaler Biobäuerin hat sie von einem Bekannten in Obhut genommen. Der Rest der Herde lässt nichts unversucht, um an die Blätter und Zweige zu kommen, die etwas weiter drüben auf zwei Metern Höhe über den Zaun hängen.

Ein Herz für das Unperfekte

Vor drei Jahren hat die heute 52-jährige Psychiatrie-Pflegefachfrau den typischen, kleinen Emmentaler-Hof gekauft und sich damit einen Traum verwirklicht. Ihre zwei erwachsenen Kinder würden ihr manchmal sagen: «Du bist eine Gluggere, die gerne Küken unter Ihren Flügeln behütet.» In der Tierhaltung könne sie das ausleben und finde einen Sinn für ihr Tun. In der Folge haben Schritt für Schritt viele Bauernhoftiere ihren Weg nach Heimisbach gefunden: Evolèner-, Eringer-, Grauvieh- und Braunvieh-Kühe, Urfreiberger-Pferde und Quarter-Horses, Pommern-Enten und Chabos-Hühner, Schwarze Honigbienen, Katzen und ein Hund. Viele dieser Tiere sind – so hat man das Gefühl – bei Pia Buob gestrandet. Die Hühner, weil sie die falsche Färbung für die Weiterzucht hatten, die Grauviehkuh, weil sie viel zu jung mit einem Kälbchen tragend war, der Hund, weil er wohl durch eine harte Hand verdorben wurde. Aber Pia Buobs Hof ist weder Tierheim noch Hobbybetrieb. Die frohgemute Bauerntochter hat den Nebenerwerbskurs für Landwirte absolviert und hat sich hier mit dem Ziel niedergelassen, die seltenen kleinen Evolèner-Rinder zu züchten und deren Fleisch zu verkaufen. Das setzt sie auch um. Nur ist ihr Herz so gross, dass sie meist «herein» sagt, wenn wieder so ein anderes Geschöpf an die Türe klopft und die Vielfalt erweitert.

Ein Ort zum Teilen

Nicht nur Nutztiere finden hier einen vielfältigen Lebensraum. Eben hat sie mit Freunden einige hundert Meter Hecken geschnitten und gepflegt, Nistkästen für heimische Vogelarten aufgehängt und Hochstammbäume gesetzt. Vielfalt ist ihr auch in ihrem Freundeskreis wichtig. «Ich empfange gerne Menschen und biete ihnen eine Insel im Alltag.» Auf dem Balkon bereitet eine junge Frau gerade das Zvieri vor. Sie ist nach einem Timeout gleich auf dem Hof geblieben und hat an der Arbeit mit den Tieren Freude gefunden. Am Geräteschuppen macht sich ein langjähriger Freund zu schaffen, welcher der Bäuerin jeweils zur Hand geht, wenn es einen erfahrenen Handwerker braucht. In der Vorwoche half ein junger Bauer aus, weil eine landwirtschaftliche Arbeit statt mit dem bescheidenen Buobschen Maschinenpark mit einem gröberen Geschütz erledigt werden musste. Oder am Vorabend stand ein erfahrener Biolandwirt der Betriebsleiterin in agronomischen Belangen beratend zur Seite.

Immer Hilfe gefunden

«Ich wusste bei der Hofübernahme tatsächlich nicht, auf was ich mich hier einlasse», erklärt Pia Buob. «Aber ich habe immer geglaubt, dass es gut kommt, wollte mir immer Hilfe holen und ich habe sie immer irgendwo erhalten. Das ist ein Geschenk.» Wenn es einen Beweis bräuchte, dass es zwischen einem grossen Herz für Vielfalt und der Tatsache, dass man im Leben reich beschenkt wird, einen Zusammenhang gibt: hier könnte man ihn finden.

Text und Bilder: Stefan Jaun



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