Was ein besonders gutes Glacé ausmacht

15. August 2020

Wer meint, ein gutes Glacé erkenne man an der langen Schlange vor der Gelateria, am italienischen Akzent des Verkäufers oder an besonders ausgefallenen Aromen, der sollte einmal nach Oberwil bei Büren pilgern.
Im kleinen Berner Bauerndorf gibt es ein Glacé, welches vermutlich so manche trendige Gelateria in den Schatten stellt. Lange Schlangen sieht man vor dem Hofladen von „Ottilio’s farm fresh!“ kaum und anstelle pinkfarbener Sonnenschirme und viel Italianità trifft man auf einen alten Frisco-Verkaufsanhänger zwischen Traktoren und anderen landwirtschaftlichen Maschinen. Die Glacéauswahl beschränkt sich hauptsächlich auf Erdbeer, Vanille und andere Klassiker, die sich frisch in Becher abgefüllt auf dem Boden einer Tiefkühltruhe stapeln. Die Becherchen aber haben es in sich. Wer den Deckel öffnet und den Löffel in das crèmige Glacé sticht, wird überwältigt von der Sämigkeit und einem Reichtum an Geschmack und Aromen.
«Unser Rahm, unsere Weide-Eier und viel reife Früchte – das ist unser Geheimnis», erklärt die Gelataia mit englischem Akzent. Janis Otti ist in Kanada aufgewachsen, wollte schon immer einen Cowboy heiraten und traf schliesslich vor 35 Jahren im Berner Seeland auf einen Milchbauern. Über die Milch und die Suche nach einer besseren Wertschöpfung ist das kanadisch-schweizerische Paar auf das Glacé gekommen. «Wir begannen mit dem Konzept der Bauernhof-Glacé. Da war alles dabei: Rezepturen, Infrastruktur und Verpackungen», berichtet Janis Otti. Erst die Umstellung auf Bio vor 9 Jahren brachte sie dazu, mit dem Glacé einen eigenen Weg zu gehen. Schliesslich mussten alle Rohstoffe in Bio-Knospe-Qualität sein, viele Zusatzstoffe waren nicht erlaubt, ebenso wenig die so genannten «natürlichen» Aromen.

«Ich schrieb die Rezepturen um und optimierte sie im Laufe der Jahre. So ist auch mein Glacé immer besser geworden.» Anstelle einer durchdesignten Gelateria-Infrastruktur investierte Janis und ihr Mann in zwei mobile Hühnerställe. Denn ein hochwertiges Weide-Ei, das gäbe dem Glacé einen einzigartig vollmundigen Geschmack und mache so manche Bindemittel überflüssig, ist Janis überzeugt. Auch am Rahm wollte sie bewusst nicht sparen. «Geschmacklich macht es einen enormen Unterschied, ob ein Verdickungsmittel oder echter Rahm im Glacé sind», findet sie. Aus demselben Grund des echten Geschmacks braut sie auch für ihr Kaffee-Glacé eine eigene Infusion aus frisch gerösteten Kaffeebohnen und verwendet für das Schoggi-Glacé anstatt Kakao ganz viel Schokolade. Das Erdbeer-Glacé besteht zu über der Hälfte aus reifen Beeren und die Haselnuss- und Pistazien-Glacen aus gemahlenen Nüssen ohne Aromen und ohne Farbstoffe. Ein Glacé also nach der reinen Lehre der Bio-Knospe. Dass sich diese Philosophie im Geschmack widerspiegelt, liegt auf der Hand. Die Glacen von «Ottilio’s farm fresh!» werden auf dem Hof handwerklich hergestellt und wurden für ihre hervorragende Qualität mehrfach mit der Gourmet-Knospe preisgekrönt. Für die Erdbeer-Glacé erhielt Janis Otti sogar eine Sonderauszeichnung.

Die Indizien für ein gutes Glacé sind also: Eine besonders kurze Zutatenliste, ein Aufkleber mit der «Gourmet-Knospe» sowie eine Kuhweide und ein mobiler Hühnerstall neben dem Produktionsraum.

Die Glacen von «Ottilio’s farm fresh!» sind im Hofladen in Oberwil BE, auf dem Samstagsmarkt in Solothurn und anderen regionalen Events, in verschiedenen Hofläden wie dem Bioladen in Küttigkofen SO oder Restaurants (zum Beispiel Restaurant Schloss Buchegg) zu finden. Der Glacéwagen kann auch als Catering gebucht werden.

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