Wer meint, eine Kartoffel schmecke nach Kartoffel, der sollte mal auf dem Hofgut Obere Wanne die alten Kartoffelgeschmäcker entdecken gehen.
Die moderne Welt der Kartoffeln ist nach Kochtyp eingeteilt: grün für festkochende, rot für frittierfähige und blau für mehligkochende Sorten. Es gibt grosse und kleine, frühe und späte Sorten. Aber dass Kartoffeln auch in Aroma und Geschmack ungeheuer vielfältig sein können, das wissen die wenigsten. Kein Wunder: In den heutigen Sorten ist von dieser Vielfalt kaum mehr was zu spüren.
Eine Kartoffel schmeckt nach Kartoffel: Davon waren auch Dieter Weber und Nadia Graber vom Hofgut Obere Wanne in Liestal bis vor sechs Jahren überzeugt. Bis sie ihre erste Erfahrung mit alten Kartoffelsorten aus dem Albulatal machten. „Es war, als hätten wir zum ersten Mal in eine echte Kartoffel gebissen“, erzählt Dieter Weber. Die Leidenschaft des Pflanzenbauers war entfacht. Noch im selben Winter kaufte er sämtliches Pflanzgut zusammen – und startete in seine erste Kartoffelsaison.
Rare Sorten, rare Ernten
Dafür weiss der Biobauer sein Erntegut umso mehr zu schätzen. „Bei uns gibt es immer am Sonntag Gschwellti und Chäs“, erzählt er. „Wenn ich dann in den Keller gehe, um Kartoffeln zu holen, fühle ich mich jedes Mal wie im Paradies.“ Auswählen zu dürfen aus diesem Reichtum an Geschmäckern und Aromen, das sei für ihn ein unbezahlbares Privileg.
Blauer Schwede und Rote Emma
Schlechtes Kartoffeljahr
Auch wenn einzelne Kunden sehr verärgert waren, weil sie keine Acht-Wochen-Nüdeli mehr bekamen: Hunger leiden wegen einer schlechten Kartoffelernte muss heute niemand mehr.
Nicht wie zu den Zeiten, als der Parli und die Vitelotte noir ihre Hochblüte hatten. Zur Zeit, als die Welt der Kartoffeln noch nicht in grün, rot und blau eingeteilt war – sondern eine fast endlose Vielfalt an Farbtönen, Formen und Geschmäcker hatte.
Portrait
Dieter Weber und Nadia Graber führen das Hofgut Obere Wanne in der siebten Generation – aber komplett anders als ihre Vorfahren. Die prominente Lage am Rand von Liestal macht den Biohof zu einem beliebten Ausflugsort für Familien und zum Einkaufsparadies für Raritätenliebhaber. Alles, was das Biobauernpaar anbaut, ist für diese Kundschaft gedacht: Der mittlerweile weitum bekannte Setzlingsmarkt im Frühling mit vielen ProSpecieRara-Jungpflanzen, das Maislabyrinth, der Spielplatz, die rund 120 Kürbissorten im Herbst, das Blumenparadies mit vielen Pflanzen zum selber schneiden sowie ein saisonales Angebot an Früchten, Gemüsen und Eier vom Hof. Und natürlich die rund 20 alten Kartoffelsorten.
www.oberewanne.ch
80 Kartoffelsorten „gerettet“
Seit die Kartoffel im späten 16. Jahrhundert als Zierpflanze aus Südamerika eingeführt wurde, sind daraus über Generationen unzählige Sorten entstanden. Allein in der Schweiz hat die Organisation ProSpezieRara 80 Kartoffelsorten gefunden und in Verwahrung. Weil Kartoffeln äusserst anfällig auf Viren sind und diese im Freiland von Blattläusen übertragen werden, hat ProSpezieRara die Erhaltung in Privatgärten eingestellt. Mit staatlicher Unterstützung werden die alten Sorten nun unter kontrollierten Bedingungen erhalten. Wer in seinem Garten auch bei den Kartoffeln für mehr Vielfalt sorgen will, kann das aber nach wie vor. ProSpezieRara stellt ihren Gönnern im Frühjahr einige Sorten als Saatkartoffeln zur Verfügung und auch das Hofgut Obere Wanne in Liestal verkauft vorgekeimtes Pflanzgut direkt ab Hof oder im Postversand. (www.prospecierara.ch / www.oberewanne.ch)