Eier sind das beliebteste Bio-Produkt bei den Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten. Was mit den alten Legehennen passiert, zeigt unsere Reportage.
Erst ein Schnabel, dann ein Kopf, die Füsse und der ganze Körper: Neugierig gackernd besehen die jungen Hühner der Familie Schütz ihren Auslauf. Bald fasst eine Henne Mut und macht den ersten Schritt. Im Nu erobern sich die 2000 Hühner und 15 Hähne ihr neues Reich. Sie scharren, picken und fliegen ganz ihrem natürlichen Verhalten entsprechend. Die Hühner sind jetzt knapp ein halbes Jahr alt und eben vom Aufzuchtstall in den Legestall umgezogen. In den nächsten Tagen beginnen sie mit dem Eierlegen. Jeden Tag eines, ein Jahr lang. In der ganzen Schweiz wurden 2017 958 Millionen Eier produziert. 158 Millionen davon auf Bio-Betrieben. Mit einem Marktanteil von 27,6 Prozent ist das Ei das erfolgreichste Bio-Produkt in der Schweiz.
Den Hühnern dankbar sein
“Das wollten wir nicht: Unsere Tiere einfach so abschieben.” sagt Barbara Schütz. “Das gebietet uns der Respekt vor diesen Lebewesen.” Sie suchte deshalb eine Lösung, was sie mit den Tieren nach ihrer Legezeit machen sollen. “Mein Mann ist für die Hühner zuständig, solange sie Eier legen. Danach übernehme ich,” erklärt die Bäuerin lachend. Ihr Reich ist der Hofladen in dem sie jeden Tag ihre Produkte verkaufen: Eier, Gemüse, Meringues, Teigwaren und Fleisch. Von Hühnern.
Der Geflügelmetzger im Emmental
Auch die Bauernfamilie Schütz lässt zwei Mal pro Jahr die alten Hühner in Kopps Metzgerei schlachten. Im Hofladen läuft der Bio-Hühnerburger am besten. Aber auch die verschiedenen Würste, der Fleischkäse, Hühnerbrüstchen und Suppenhühner haben ihren Markt gefunden. “Wir betreiben jeden Tag Aufklärungsarbeit.” sagt Markus Schütz. “Viele Kunden wissen nicht, dass es einen Unterschied gibt zwischen Mastpoulets und unsern Legehühnern.” Ein normales Pouletbrüstchen könne jeder kochen, “sogar ich!” lacht Schütz. Ihr Hühnerfleisch sei herausfordernder für den Koch. Dafür belohne es ihn aber auch mit schmackhafterem Fleisch, ist Schütz stolz.
Mit Aufklärungsarbeit und Marketing die Kunden gefunden
Auch Christian Kopp beobachtet seit einiger Zeit bei den Kunden seiner Kunden ein Umdenken: Poulet- und Hühnerfleisch hat einen wichtigen Platz auf dem Teller der Konsumentinnen. Und auch beim Geflügel, wollen sie sicher sein, dass das ganze Tier verwertet wird. “Nose-to-Tail" ist schon lange kein Nischenbegriff mehr. Die Konsumenten wollen wissen, woher ihr Essen kommt und es direkt auf dem Bauernhof kaufen. Auch die Eier-Produzenten erkannten in diesem veränderten Verhalten eine Chance für sich und brachten immer öfter ihre Hühner zum Schlachten.
Kopp machte diese Entwicklung von Anfang an mit und hat Schritt für Schritt seinen Betrieb ausgebaut. Heute kann er pro Tag bis zu 2000 Hühner schlachten. Dafür beschäftigt er insgesamt 1000 Stellenprozent und arbeitet für 700 Betriebe in der ganzen Schweiz. Längst sind die kritischen Stimmen verstummt und hat sein Konzept Nachahmer gefunden. Kopp selbst ist froh, nach langer, harter Aufbauarbeit für seinen gut laufenden Betrieb einen Nachfolger gefunden zu haben. “Ich bin dankbar, dass ich das hier aufbauen durfte und jetzt der nächsten Generation übergeben kann.”