Claudia Zimmermann, Bio-Bäuerin mit Herzblut

07. März 2018

Seit Claudia Zimmermann vor über vier Jahren auf dem Biohof Küttigkofen Wurzeln geschlagen hat, spriessen ihre Projekte wie Spargeln aus dem Boden. Eines davon ist ihr Bio-Laden. Mit ihm hat die junge Bäuerin neues Leben ins Dorf gebracht.



Küttigkofen – ein Bauerndörfchen in den malerischen Hügeln des Bucheggbergs südwestlich von Solothurn. Ein Dorf, wie es in seiner Art viele gibt. Vor Jahren haben die Schule, die Post und auch die Käserei ihre Türen für immer geschlossen. Zu nah ist die Stadt mit ihren Einkaufs- und Arbeitsmöglichkeiten. Doch im Dorfkern weist seit einem Jahr ein grosses Schild mit der Aufschrift „Bioladen“ auf neues Leben hin. Hier hat die junge Bio-Bäuerin Claudia Zimmermann in der Tenne ihres Bauernhauses einen Hofladen der besonderen Art eingerichtet.

Ein Bio-Laden wird zum Dorftreffpunkt

Einen Dorftreffpunkt wollte die junge Solothurnerin schaffen. «Ich wünschte mir, dass die Leute wieder mehr auf die Strasse gehen, sich treffen und austauschen», sagt sie. Und das sei ihr mit dem Hofladen ein Stück weit gelungen, fügt sie mit einem Leuchten in den Augen an. Gerade samstags kämen manche auch nur für einen Schwatz vorbei. Ob die Rechnung auch finanziell aufgeht, kann Claudia Zimmermann noch nicht sagen. Für den Hofladen hatte die gelernte Kindergärtnerin ihren Sechzig-Prozent-Job an den Nagel gehängt. Das regelmässige Einkommen ist weggefallen. Dennoch habe sie diesen Schritt nie bereut. «Die Tage sind zwar länger, aber erfüllender», sagt sie.

Dass ihr Mann gelernter Schreiner und Holzingenieur ist, kam der initiativen Bäuerin gelegen: Der Ladeninnenraum, die Regale und die Theke sind allesamt selbst gezimmert und geschreinert. Fleisch, Mehl, Kartoffeln und ein Teil des Gemüses stammen vom eigenen Knospe-Hof. Weitere Produkte kauft Claudia Zimmerman in Bio-Knospe-Qualität von umliegenden Bio-Höfen zu. «Eine Nachbarin konnte ich sogar überzeugen, ihren Betrieb auf bio umzustellen», lacht sie. «Ich bot ihr an ihre Brote, Eier und Milch im Laden zu verkaufen – vorausgesetzt, sie sind bio. Das hat sie motiviert.»

Der Bio-Gedanke ist Claudia Zimmermann wichtig. Nicht nur im Hofladen, in dem sie ausschliesslich Bio-Produkte anbietet. Auch den eigenen Betrieb führt sie zusammen mit ihrem Mann Matthias nach den strengen Vorschriften von Bio Suisse. Auf den Äckern gedeihen Kartoffeln und Getreide pestizidfrei, auf dem Wiesland wächst Futter für die dreissig Rinder. Daneben bieten extensive Wiesen und Hochstammbäume Platz für eine Vielfalt von Pflanzen und Kleinlebewesen.

Auch Schweine leben auf dem Hof von Zimmermanns. Jedoch nicht wie üblich im Stall – sondern auf einer grossen Weide mitten im Dorf. «Für mich ist dies die einzig tiergerechte Art, Schweine zu halten», sagt Claudia Zimmermann. Lange habe sie Mühe gehabt mit dem Gedanken, Tiere für die Fleischproduktion zu halten, erzählt sie. «Doch dann habe ich mir gesagt: Der Fleischkonsum ist eine Tatsache. Also will ich dazu beitragen, dass dieses Fleisch artgerecht produziert wird.»

Schweine als Fleischlieferanten und Haustiere

Dass sich die Schweine hier wohl fühlen, sieht man auf den ersten Blick: Ganz hinten wühlen die beiden Mutterschweine in der Erde, während sich ihre Jungmannschaft ein Rennen liefert. Als Claudia ins Gehege tritt, kommen sie sofort angesprungen. «Schweine sind sehr soziale und kluge Tiere», sagt die Bio-Bäuerin und krault einer Muttersau zwischen den Ohren. Darum habe sie begonnen, neben den Mastschweinen auf einer weiteren Weide auch Minipigs zu züchten. «Diese kann ich als Haustiere verkaufen und brauche sie nicht zu schlachten», lacht sie. Ein Schwein im Haus? Ja, das geht, meint Claudia Zimmermann. «Schweine sind sauber und gehorsam. Dennoch sollten sie dem Tierwohl wegen draussen gehalten werden. Und im Gegensatz zu den Hunden sind Schweine Herdentiere. Darum verkaufe ich die Minipigs nur zu zweit.»

Der jungen Solothurnerin gehen die Ideen nicht aus. Im Gegenteil. Sie müsse sich zwingen, nicht zu viele Projekte anzureissen. Neben dem grossen Bauerngarten pflegt Claudia Zimmermann ein grosses Blumenfeld zum Selber-Pflücken und baut auf zehn Aren für die Direktvermarktung Gemüse in allen Farben, Formen und Geschmäckern an. Im Treibhaus wachsen im Frühling rund 600 Setzlinge und im Sommer verschiedenste Tomatensorten heran. Und wenn für Normalbürger der Tag zu Ende ist, entstehen im neuen Verarbeitungsraum von Zimmermanns Suppenmischungen, Tees, Konfitüren und Salben. «Manchmal stehe ich mit meinem Mann noch bis Mitternacht in der Küche und schäle Karotten», lacht sie. «Dabei führen wir schöne Gespräche. Für mich sind solche Abende wertvoller, als gemeinsam vor dem Fernseher zu sitzen.»

Ein Laden ohne Food Waste

Ihr sei es wichtig, dass im Laden keine Lebensmittelabfälle anfallen, erklärt Claudia Zimmermann. Was an Früchten und Gemüsen übrig bleibe, werde eingemacht oder getrocknet. So entstünde aus der Not heraus auch immer wieder mal ein neues Rezept. Claudias Gemüse-Risotto etwa oder die eingelegten Curry-Zucchetti. Denn Tüfteln und Erfinden sind die Stärken der jungen Frau – und «learning by doing» ihr Motto. Claudia Zimmermann hat weder Gemüsegärtnerin noch Köchin gelernt. «Wenn die Passion da ist, lernt man alles», sagt sie – und das glaubt man ihr sofort.

Die Freude an Kindern ist aber geblieben. Im Sommer bietet Claudia Zimmermann im Ferienpass Nachmittage auf dem Bauernhof an. Dann gräbt sie mit den Schulkindern Kartoffeln und zeigt ihnen, wie man Tomaten heranzieht. «Als Kindergärtnerin bekam ich häufig zu hören, die Erbsen kämen aus der Büchse», erzählt sie. Es sei ihr wichtig, mit ihrer Arbeit als Bäuerin auch pädagogische Zwecke zu erfüllen. So bietet Claudia Zimmermann neben ihrem Gemüsefeld auch die Erbsen, Bohnen und Kürbisse zum Selber-Ernten an. Im Sommer kämen hier regelmässig Familien vorbei, um gemeinsam Gemüse zu ernten, erzählt sie erfreut.

An schönen Tagen, wenn der Hofladen offen hat, wird ihr Hofplatz schon mal zum Tummelplatz für Kinder. Genauso, wie es sich die ehemalige Kindergärtnerin gewünscht hatte. «Anstatt zuhause vor dem Computer zu sitzen, kommen Kinder im Laden vorbei, um ein Glace zu essen oder draussen mit ihren Freunden zu spielen», erzählt sie. Ja, solche Erlebnisse lassen ihr Herz höher schlagen: «Wenn zum Beispiel ein Bueb mit Rucksack und einem Zwanzigernötli vor der Ladentheke steht um für die Eltern den Einkauf zu machen. Oder wenn die Nachbarin in den Laden kommt, um ihr Herz auszuschütten. Dann denke ich, dass der Hofladen sein Ziel erreicht hat.»

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