An dieser Schule wird geackert

02. September 2022

Begeisterte Schülerinnen und Schüler und Spass im Unterricht! Gibt es nicht? Gibt es doch! An der Primarschule Rotacker in Liestal (BL) nehmen die Kinder eifrig am Unterricht teil und lernen auch noch viel. Der Grund dafür ist ein Acker.

Unterricht auf dem Acker: Lehrerin Aimee Faes erklärt ihren Erstklässler:innen Wichtiges über natürliche Lebensmittel.

Die Schule in Liestal zeigt, dass Unterricht richtig spannend sein kann – mit der Bewirtschaftung eines eigenen Ackers. Das ist Teil des Programms «GemüseAckerdemie» vom Verein Acker Schweiz. Dieser hilft Schulen beim Anlegen eines eigenen Ackers, der nach ökologischen Kriterien bewirtschaftet wird.

Mehr als 1300 Schulen in Deutschland, Österreich und der Schweiz haben einen Acker. Simona Kobel, Co-Geschäftsführerin von Acker Schweiz, erklärt das Programm: «Wir wollen den Acker genauso zum Unterrichtsort machen wie eine Turnhalle oder einen Werkraum. Das Ziel: eine Generation, die weiss, was sie isst.»

Seit 2019 haben die Schüler:innen der Primarschule Rotacker in Liestal (BL) ihren Gemüseacker. Der Verein «Acker Schweiz» hat ihn zur Verfügung gestellt und möchte die Kinder so für gesunde Ernährung begeistern.

Lehrerin Aimee Faes vermittelt ihren Schüler:innen direkt vor Ort das Wissen über Natur und Lebensmittel. Die Kinder erleben somit einen direkten Bezug zur Natur.

12 Beete wollen gepflegt und gehegt werden. Eine «Ackernote» gebe es aber nicht, erklärt Aimee Faes. «Es geht vor allem darum, Engagement zu zeigen.»

Aimee Faes packt selbst mit an. Das beeindruckt auch ihre Erstklässler. Die 25-Jährige musste sich teilweise das Wissen neu aneignen, um es vermitteln zu können.

Aimee Faes verbringt gerne Zeit mit ihrer Klasse auf dem Acker. Für sie ist das «echter» Unterricht. 

Die Betreuung des Ackers wechselt jedes Schuljahr zwischen den Lehrpersonen. Aimee Faes würde das gerne jedes Jahr machen.

Auch auf dem Acker muss ab und an zum Stift gegriffen werden. Die Schüler:innen katalogisieren die Ernte – Ordnung muss sein. Dabei lernen sie das Gemüse noch besser kennen.

Manche Kinder kennen Tomaten & Co. lediglich aus dem Supermarktregal und staunen über das ein oder andere seltsame Objekt, das da aus dem Boden wächst.

Schule bleibt Schule – auch auf dem Acker. So sollen die Kinder Wissensfragen rund um Gemüse und Lebensmittel beantworten.

Das geerntete Gemüse wird entweder in der Schule zubereitet oder den Kindern mit nach Hause gegeben. So haben nicht nur die Kinder etwas davon, sondern auch deren Eltern.

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Unterstützung von Bio Suisse

Bio Suisse teilt das Anliegen und hat 2021 Acker Schweiz einen Betrag von 10'000 Franken überreicht. Dieser kam anlässlich einer Versteigerung im Rahmen des 40-Jahr-Jubiläums von Bio Suisse zusammen. Acker Schweiz unterstützt mit dem Preisgeld den Bio-Acker an der Primarschule in Liestal.

Das Ziel: Eine Generation, die weiss, was sie isst
Simona Kobel, Co-Geschäftsführerin von Acker Schweiz

An der Primarschule Rotacker liegt die Verantwortung für den Acker aktuell bei einer 3. und einer 1. Klasse. Aimee Faes ist Lehrerin der 1. Klasse. «Für mich ist das echte Wissensvermittlung. Ich zeige den Schüler:innen kein Gemüsebild in einem Klassenraum, sondern das Gemüse direkt auf dem Acker», sagt die 25-Jährige.

Beackert wird die Fläche von den Schüler:innen im wahrsten Sinne des Wortes. Die Kinder harken, zupfen und graben. Ihre Lehrerin vermittelt dabei notwendiges Wissen. «Das ist eben echter Unterricht», erklärt Faes.

«Das ist eben echter Unterricht»
Aimee Faes, Lehrerin an der Primarschule Rotacker

Acker soll Wissenslücke schliessen

Dabei sei der Wissensstand über Gemüse von Kind zu Kind sehr unterschiedlich, sagt die Lehrerin. «Diese Wissenslücke versuchen wir mit dem Schulacker zu schliessen.» Die direkte Berührung mit der Natur helfe den Kindern, die Umwelt besser zu verstehen und wertzuschätzen.

Acker Schweiz

Mit den Bildungsprogramme «AckerRacker» und «GemüseAckerdemie» schafft der Gemeinnützige Verein Acker Schweiz an Kitas, Kindergärten und Schulen einen Lernort in der Natur. Die Kinder bauen mit ihren Pädagog:innen eigenes Gemüse an. Ziel ist es, die Kinder für gesunde Ernährung, Natur und Nachhaltigkeit zu begeistern.

Kinder können Selbstwertgefühl steigern

Schule bleibt aber Schule – auch auf dem Acker. Gibt es also eine «Ackernote»? «Nein», sagt Faes. Aber: «Wenn es darum geht, ob ein Schnitt auf- oder abgerundet wird, hat das Verhalten auf dem Acker schon Einfluss auf die NMG*-Note. Es geht vor allem darum, Engagement zu zeigen.» Simona Kobel ergänzt: «Besonders freut mich, dass Kinder, die in den Leistungsfächern eine schwächere Leistung zeigen, auf dem Acker viel Selbstwirksamkeit erfahren und damit ihr Selbstwertgefühl steigern können.»

Ackergrösse

  • 2 Flächen: 4m x 9.5m und 4m x 4m
  • Gesamtfläche: 54m2
  • 12 Beete à 80cm x 6m

Gesunde und natürliche Lebensmittel sind nicht nur in Liestal ein Thema, wie die Kooperation von Bio-Suisse mit Fourchette Verte zeigt. Das Ziel: mehr Bio-Lebensmittel an Schulen und Kitas – wie in Liestal. Dort wird ein Teil der Ernte gemeinsam von der Klasse zubereitet und gegessen.

Der Grossteil der Ernte wird den Kindern aber mit nach Hause gegeben. Dort sind dann die Kochkünste der Haushaltsverantwortlichen gefragt. Ob die Kinder dann immer noch so begeistert sind wie auf dem Acker, können nur die Eltern wissen.

*Natur-Mensch-Gesellschaft

Redaktion und Bilder: Oliver Roscher

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Acker Schweiz sucht für die Unterstützung aus den Regionen mehrere AckerCoaches. Sie sind wichtige Unterstützer:innen des Vereins an den Lernorten und agieren als Ansprechpersonen für die Pädagog:innen.

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