Nicht nur in der Region des Berner Seelands gilt Bruno Martin als Bioweinpionier. Seit 25 Jahren kämpft dieser unkonventionelle Winzer für Biodiversität im Rebberg. Er hat ein Herz für alles, was kreucht und fleucht und wächst. Seine Werte sind hehr, seine Weine mehrfach ausgezeichnet.
Sie gehört zur DNA des Biolandbaus. Was bedeutet Biodiversität für Sie?
Ein stabiles Ökogleichgewicht, ein Zusammenspiel von Nützlingen, Schädlingen und Ausgleichsflächen. Entgegen der Auffassung vieler ist Biodiversität nicht einfach etwas, das noch hinzukommt im Sinn von: hier der Acker, dort die Artenvielfalt. Neben zwei Hektaren Kartoffeln eine Ausgleichsfläche einrichten, damit ist die Sache nicht gelaufen. Wichtig ist das Zusammenspiel innerhalb der Kulturen. Dafür ist der Rebbau ein besonders gutes Beispiel.
Warum gerade der Rebbau?
Rebbau wird oft dort betrieben, wo Landwirtschaft nicht oder weniger gut geeignet ist. Zum Beispiel an schwer zugänglichen Lagen, Steilhängen etwa, wo die Arbeit mühsam wird, da sie - wie hier in Ligerz - für Traktor und Maschinen ungeeignet ist. In den Reben sind geeignete Strukturen, wie Felsköpfe, Felssteppen, Hecken, Ruderalflächen oder Flaumeichenwälder bereits vorhanden. Hier funktioniert Biodiversität, weil sie Teil der Kultur ist.
Woran denken Sie dabei?
Heckenrose, Efeu, Stauden, Hecken, Hochstammbäume, Steinhaufen. Sie bieten Unterschlupf und Nahrung für Wiesel, Schlangen, Eidechsen, Vögel, Schmetterlinge, Insekten. Unsere Arbeit hat zudem Einfluss auf die unsichtbare Vielfalt im Boden. 245 Arten leben laut Ueli Remund auf einem Rebberg. In einem Maisfeld finden wir gerade mal zwei, im Glücksfall mit Begrünung vielleicht 20 bis 30. Als ich anfing, wollte ich in meinen Reben so viele Arten wie möglich mit einem stabilen Ökogleichgewicht. Ab 1981 riss ich die Rebstöcke aus, hörte auf zu spritzen und fiel voll auf die Nase. Kräuselmilbe, rote Spinne, gelbe Spinnmilbe zeigten mir, wo es durchging. Haben sich aber erst einmal genügend Arten eingestellt, funktioniert’s. Heute weiss ich, es braucht gar nicht so viel. Doch es muss in den Kulturen passieren, nicht ausserhalb. Sonst kommen wir nicht weg von den Mitteln, die wir im Bio-Anbau nicht mehr brauchen wollen.