Malticulture: Brauereiwagen und wilder Hopfen

05. Dezember 2017



Jean-Claude Crétin ist ein «Gelegenheitsbrauer», der mit seinem Bruder Christophe zusammen einen Bio-Betrieb in Soulce JU bewirtschaftet. Er hält rund fünfzig Mutterkühe und baut auf einigen Hektaren Getreide an. Als eifriger Befürworter einer lokalen Produktion engagiert er sich voll und ganz dafür und braut Bier für den Eigenbedarf.
«Wer einmal ‹wahrhaftiges› Bier gekostet hat, der mag das Industriegebräu nicht mehr», sagt er und schmunzelt. Seiner Meinung nach lassen sich auch die Sondereditionen grosser Brauereien nicht deutlich von Standard-Lagerbier unterscheiden. Jean-Claude Crétin hat sich schon immer für die Lebensmittelverarbeitung interessiert. «Heute haben die Landwirte die Verarbeitung viel zu sehr an die Grossunternehmen delegiert, die Globalisierung hat das nicht verbessert», bedauert er. «Wir müssen uns die lokale Produktion wieder zu eigen machen und unsere Selbstversorgung verstärken.»


Malz und Hopfen aus der Region

Jean-Claude Crétin hatte vor fünfzehn Jahren für Brunch-Gäste mit einer Miniausrüstung auf seinem Hof zu brauen begonnen. Nach acht Jahren Pause kaufte er professionelleres Material und richtete in einem Wagen neben dem Hof seine Mikrobrauerei ein. Er erklärt: «Die Gründung der Mälzerei von Satigny GE 2015 hatte mich dazu motiviert, weil dadurch lokales Malz erhältlich war.» Nach der Gründung der «Malticulture» in Delémont beschloss er dieses Jahr, seine eigene Braugerste anzubauen und will die Ernte dort vermälzen lassen. Jean-Claude Crétin geht aber noch einen Schritt weiter mit seiner Philosophie der Lokalproduktion. «Ein Freund sagte mir eines Tages, dass er in einer Hecke im Dorf wilden Hopfen gefunden habe. Diese Entdeckung interessierte mich, ich legte die Pflanzen frei und konnte den Hopfen ernten», erzählt er. Er trocknete die Ernte in einer Dörranlage für Obst und machte zwei Versuchssude – den einen mit wildem Hopfen, den anderen zur Hälfte gemischt mit zugekauftem Hopfen. Beides ergab zufriedenstellende Resultate, der wilde Hopfen ist sehr aromatisch und nicht zu bitter. Obwohl die Qualität nicht immer gleich ist, genügt ihm der Hopfen aus seinem Dorf. «Wenn ich dann einmal mein eigenes Malz habe, kann ich mich damit rühmen, mit Ausnahme der Hefe ein wirklich hundertprozentig lokales Bier zu brauen», meint er. Und nicht zuletzt dank dem Brauereiwagen haftet dem Bier eine Note von Bohème an.



Autor / Fotos: Christian Hirschi, Übersetzung: Sabine Lubow. Erschienen in Bioaktuell 8 | 2017

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