Demeter-Bauer Jakob Kaufmann: «Ich verstehe Pflanzenschutz als Pflanzenstärkung»
09. Oktober 2017
Jakob Kaufmann aus Ballwil LU bewirtschaftet ein sehr vielfältiges Obst- und Beerensortiment. Dazu gehören nicht nur die Klassiker Äpfel und Birnen, sondern auch Exoten wie Kiwis und Kakis.
Was ist das Besondere an Ihrem Bio-Betrieb?
Vor etwa zwanzig Jahren habe ich unseren elfeinhalb Hektaren grossen Milchwirtschaftsbetrieb auf Demeter umgestellt. Wegen grosser Nachfrage im Bio-Bereich pflanzten wir Beeren an und vergrösserten die Fläche nach und nach auf achtzig Aren. Anfang des Jahres 2000 gaben wir die Milchwirtschaft auf, dafür kamen Weidebeef und ein laufend wachsender Hochstamm-Baumgarten mit aktuell über 500 Bäumen hinzu.
Welchen Vorteil bietet dieses breite Sortiment?
Das bringt eine ausgeglichene Martkversorgung über eine lange Erntezeit. Da wir auf dem Hof wöchentlich Saft pressen, benötige ich eine regelmässige Versorgung mit Mostäpfeln. So kann ich nicht vermarktbare Tafeläpfel gleich mitverarbeiten. Dank anderer Marktfahrer und dem Bio-Grosshändler Bio Partner als Hauptabnehmer unserer Beeren bringe ich auch grössere Ernteposten rechtzeitig auf den Markt.
Welche Früchte und Beeren sind auf dem Betrieb vereint?
Unser Sortenspektrum umfasst über 350 Obstsorten, bestehend aus Äpfeln, Birnen, Zwetschgen, Pflaumen, Mirabellen, Kirschen, Aprikosen, Pfirsichen und Nektarinen. Zu unserm Sortiment gehören zudem hundert verschiedene Beerensorten, Nüsse, Maroni, Tafeltrauben, Kiwi und vier Kakibäume. Ich pflanze sowohl Pro Spezie Rara-Sorten als auch neue Sorten.
Was sind die Folgen des Spätfrosts von Ende April?
Die grössten Ertragseinbussen habe ich bei Kiwi und Minikiwi, Aprikosen und Baumnüssen. Bei Äpfeln und Birnen habe ich keinen gravierenden Ernteausfall. Bei Kirschen und Zwetschgen war die Ernte dieses Jahr sogar überdurchschnittlich gut. Dies steht im Kontrast zum Durchschnitt: Die Erntemenge 2017 beträgt schweizweit nur etwa dreissig Prozent einer normalen Ernte.
Wie gehen Sie mit den Folgen um?
Die Nachfrage nach Bio-Tafel- wie -Verarbeitungsobst ist sehr gross. Entsprechend kann auch ich die Nachfrage von anderen Direktvermarktern nur zum Teil decken. Sonst müsste ich meine eigene Kundschaft auf dem Wochenmarkt in Hochdorf LU mit leeren Obstkisten enttäuschen, und wir könnten nicht genug Most pressen.
Ihre Obstvielfalt gedeiht ohne chemisch-synthetische Pestizide – wie schützen Sie die Bäume vor Schädlingen und Krankheiten?
Für mich ist es vielmehr eine Pflanzenstärkung als ein Pflanzenschutz. Persönlich verzichte ich auf fast alle im Bio-Landbau zugelassenen Insektizide. Gegen Pilzkrankheiten setze ich, wenn nötig, die vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau FiBL empfohlenen mineralischen und pflanzlichen Mittel ein. Beim umstrittenen Kupfer reduziere ich die durch die Knospe erlaubte niedrige Dosierung von Jahr zu Jahr.
Welche Unterstützung der Pflanzen bietet die Bewirtschaftung nach Demeter-Richtlinien?
Im Jahreslauf gebe ich biodynamische Präparate: Hornmist auf den Boden und Hornkiesel auf Blätter und Früchte. Im Spätherbst, als Verabschiedung in den Winter und als Dank für die Ernte, verpasse ich jedem Baum einen dünnen «Wintermantel» aus einem Gemisch aus Lehm, Kuhdung und Molke. Für mich ist es wichtig, dass ich als Bio-Landwirt nicht produziere wie eine Industrieanlage, sondern meine Tiere, Bäume und Kulturen im Jahreslauf begleite und sie, wo nötig, mit Schutz- und Stärkungsmitteln vor allzu grossem Stress bewahre. Als Dank darf ich mich am Ende an einer reichen Ernte erfreuen.