Wo heute ein grosser geräumiger Stall auf dem Betriebsgelände steht, sah es vor mehr als zehn Jahren noch ganz anders aus. Es wurde Anbindehaltung praktiziert und die Gebäude waren auch nicht mehr auf dem neuesten Stand. Dann hat Adrian Vonlanthen den Betrieb von seinem Vater übernommen und die Strategie geändert. Weg vom Anbindehof – hin zum Bio-Hof mit viel Platz für die Tiere. Der Strategiewechsel lässt sich exemplarisch am grossen Stallgebäude ablesen. Seit 2011 ist der Hof Bio-Knospe zertifiziert.
Könnten Rinder Stallurlaub buchen – dann würden sie sicher gerne in Fäschtus´ Bio-Hof einchecken. Der Hofstall in Giffers (FR) bietet grosse Liegeboxen und Gänge, Sauberkeit und bestes Bio-Futter. Im Familienbetrieb von Adrian und Andrea Vonlanthen steht das Wohl der Tiere im Vordergrund.
Fäschtus´ Bio-Hof liegt auf ca. 750 Metern Höhe in der Bergzone 1 am Rande von Giffers im Kanton Freiburg. Neben den rund hundert Rindern, einer Zebuherde und Schweinen finden sich auch Hühner und Enten auf dem Hof. Um die Hühner kümmert sich Andrea Vonlanthen. Sie stellt ausserdem Teigwaren aus dem hauseigenen Hartweizen her und betreibt drei kleine Selbstbedienungs «Biohüttli». Unterstützung bekommen die beiden von ihren vier Kindern, die ordentlich mitanpacken. Zudem können Gäste auf dem Hof Erdbeeren pflücken, Spargel kaufen oder in den Gästezimmern übernachten.
Das Zentrum des Bio-Hofes aber bildet der Stall. Nach zwei Jahren Planung und neun Monaten Bauzeit konnten die Rinder Ende 2021 «einziehen». Für Adrian Vonlanthen lief der «Einzug» der Rinder viel besser als gedacht. „Sie haben freiwillig und ohne Stress die Liegeboxen besetzt“. Der Landwirt sieht sich deshalb im neuen Konzept bestätigt. «Die Gänge und Liegeboxen sind überall grösser als vorgeschrieben», sagt Vonlanthen und ergänzt: «Wir haben rund 100 Milchkühe, Jungvieh und Kälber im Stall.
Das Miteinander mit den Tieren ist wichtig
Es wäre ausreichend Platz für mehr Tiere vorhanden, aber das wollen wir nicht.» Die Vonlanthens streben ein Miteinander mit den Tieren an, statt sie ausschliesslich als Nutztiere anzusehen. «Ihnen geht es im Allgemeinen deshalb viel besser als in engen Ställen», ist sich der Landwirt sicher. Natürlich dürfen die Rinder auch ins Freie auf die grossen Weiden rund um den Stall. Im Sommer gehen das Jungvieh, die Galtkühe und die Zebu-Mutterkuherde auf die betriebseigene Alp.
«Es wäre ausreichend Platz für mehr Tiere vorhanden, aber das wollen wir nicht.»
Adrian Vonlanthen
Dass es den Tieren so gut geht, liegt wohl auch am Rund-um-Service, den die Rinder erhalten. Ein Fütterungsroboter versorgt die Tiere 24 Stunden mit frischem Heu und je nach Saison Gemüse. «Dadurch geben sie viel mehr Milch», erklärt Vonlanthen. Sie würden halt wie in einem «5-Sterne-Hotel» wohnen, fügt er augenzwinkernd hinzu. Das Futter kommt von den eigenen Feldern und landet als Mist schlussendlich auch wieder auf diesen. «So schliesst sich der Kreislauf», betont der Landwirt.
Extra-Bereich für trächtige Kühe
Zudem sei der Einsatz des Fütterungsroboters sehr vorteilhaft. Er sei eben wie ein «Angestellter», der einem die Arbeit abnehme – beispielsweise am Sonntagmorgen. Ein rutschfester Boden und ebenerdige Liegeboxen mit Niveautränken sollen das Tierwohl steigern. In einem eigens abgetrennten Bereich können trächtige Kühe in aller Ruhe abkalben.
Der Strom für den Roboter kommt von den Photovoltaikanlagen auf dem Dach. Strom wollen Adrian und Andrea Vonlanthen möglichst wenig verbrauchen. Die Trocknung des Heus funktioniert über eine Warmluftbelüftung, die ebenfalls durch die Photovoltaikanlage betrieben wird. Eine entsprechende Lagerung, ein trockener Boden und eine clevere Dachkonstruktion machen es möglich.
Freies Leben für die Zweinutzungshühner
Neu leben auch rund 100 Hühner der Rasse Coffee & Creme auf dem Hof. Andrea Vonlanthen war es wichtig, Zweinutzungshühner zu haben. Eier kommen von den Hennen, Fleisch von den Güggel. Als Stall dient ein alter Kühlwagen, der als Familienprojekt in einen mobilen Stall umgebaut wurde. «So können wir die Hühner auch mal an verschiedenen Orten auf dem Hof rauslassen», erklärt sie. Die Hühner führen ein freies Leben auf der Weide zusammen mit den Kühen. Nur auf einer Seite ist das Gelände begrenzt, ansonsten entscheiden die Hühner, wo sie hinlaufen.
Die Eier verkaufen die Vonlanthens in Direktvermarktung. Kunden können diese direkt aus dem Erlebnis-Hühnermobil entnehmen oder im Hofladen in Giffers Dorf, Schwarzsee oder Montagny la Ville kaufen. Auch die selbst produzierten Teigwaren, sowie saisonales Gemüse und Obst wie Spargel und Erdbeeren und natürlich Milch vom eigenen Hof können dort erworben werden.
Mehrere Betriebszweige sichern ab
Für Andrea Vonlanthen ist die Direktvermarktung eine Herzensangelegenheit. Die Konsument:innen sollen von den natürlich produzierten Lebensmittel direkt vom Hof profitieren können. «Die Direktvermarktung ist wichtig. Sie zeigt, dass wir in den eigenen Betrieb vertrauen», sagt sie. Die Milchproduktion sei natürlich das Hauptstandbein, aber auch die anderen Betriebszweige seien wichtig. «Die Diversität unseres Betriebs sichert uns ab und minimiert das unternehmerische Risiko», ergänzt Andrea Vonlanthen.
«Wir vertrauen in den eigenen Betrieb»
Andrea Vonlanthen
Am Nachmittag ist es Zeit fürs Melken. Gemächlich tapern die Tiere Richtung Melkmaschine. Die Kinder helfen mit, als ob sie nie etwas anderes gemacht hätten und die Rinder lassen das Prozedere gleichmütig über sich ergehen. Ob Fäschtus´ Bio-Hof ein Kraftort für die Tiere ist, wie es auf der Webseite heisst, lässt sich schwer beurteilen. Auf jeden Fall ist es ein stressfreier Ort.
Betriebsspiegel von Fäschtus' Bio-Hof
Landwirtschaftliche Nutzfläche: 100 ha
Alpen: 100 ha/70 Stösse
Fruchtfolgefläche: 50 ha
Ökoausgleichsfläche: 14 ha
Rinder: Rund 100 Milchkühe
Hühner: Rund 100 Zweinutzungshühner der Rasse Coffee & Cream
Angebaute Kulturen: Weizen, Dinkel, Gerste, Mais, Erdbeeren, Spargeln, Kartoffeln, Kürbis, Soja, Obstanlagen mit Hoch- und Niederstammbäumen, Diverses Gemüse und Früchte
Umstellung auf die Knospe: 2011
Redaktion und Fotos: Oliver Roscher