Agrarpolitik: Mutiger Bundesrat verdient Unterstützung des Parlaments
Mit seiner nüchternen und korrekten Analyse der Situation liefert der Bundesrat praktikable Vorschläge zur Beendigung des agrarpolitischen Lockdowns. Besonders begrüssenswert sind das überfällige Klimapaket und die angestrebte Stärkung der Rolle von Branchen- und Labelorganisationen. Der Wermutstropfen: Während die EU dem Bio-Bereich eine wichtige Rolle gibt (25 Prozent bis 2030 bei Anbau und Konsum), gibt es in der Schweiz auch auf lange Sicht nichts Vergleichbares.
In seinem Bericht zu den Postulaten 20.3931 und 21.3095 hält der Bundesrat am eingeschlagenen Kurs fest. Mit einer stimmigen Politik strebt er eine hohe Inlandproduktion, gesunde Ernährung und eine Entlastung der Umwelt an. Im Sinn der Postulate nimmt er auch die Konsument:innen in die Pflicht.
- Mit der Verminderung des Food Waste und mehr Ackerbau für die direkte menschliche Ernährung lassen sich schon kurzfristig wesentliche Verbesserungen bei der Ernährungssicherheit und beim Selbstversorgungsgrad erzielen. Die Natur wird gleichzeitg stark entlastet, die menschliche Gesundheit gestärkt.
- Schafft der Bundesrat wie angekündigt mehr Kostenwahrheit, erhalten agroökologische Systeme wie der Biolandbau mehr Marktchancen.
Indem der Bundesrat auch die Vorleistungen (Dünger, Energie, Futtermittel, Saatgut) in seine Überlegungen einbezieht, vermindert er die Auslandabhängigkeit, deren Auswirkungen angesichts des Ukraine-Kriegs sichtbar wurde. Und er schafft eine wichtige Grundlage zur Bewältigung der Klima- und Biodiversitätskrise.
Und was ist mit Bio?
Für eine ganze Reihe von Problemen bietet der Biolandbau mit seinem gesamtbetrieblichen Systemansatz gute Lösungen an. Verschiedene Untersuchungen[1] zeigen, dass diese Form der Landwirtschaft mehr multifunktionale Leistungen erbringt, insbesondere bei Klima, Boden, Wasser und Biodiversität, und für höhere Wertschöpfung auf den Betrieben sorgt. Dies ist einer der Gründe, weshalb die EU bis 2030 einen Anteil von 25 Prozent Bio in der Fläche und beim Konsum erreichen will.
Wie in der Botschaft zur Agrarpolitik 2022+ fehlt auch im aktuellen Bericht des Bundesrat ein entsprechendes Ziel, obwohl er einen Planungshorizont bis 2050 umfasst. Hoffnung gibt die Absicht des Bundesrats, dass Branchen, Labels und Organisationen eigene Programme erarbeiten und dafür stärker unterstützt werden können. Bio Suisse fordert, dass dies bei Klima, Tierwohl und Biodiversität analog geregelt wird wie beim Absenkpfad für die Pestizide und die Nährstoffüberschüsse.
Rückweisung ein No Go für Bio Suisse
Wie der Bundesrat schreibt, ist die Abweichung zwischen der heutigen Situation und dem mit dem Zukunftsbild 2050 angestrebten Zustand gross, insbesondere für die ökonomischen und ökologischen Ziele im Bereich Landwirtschaft sowie den Konsum. Umso mehr ist das Parlament in der Pflicht, nun die Debatte um die Agrarpolitik rasch wieder aufzunehmen. Eine Rückweisung mit Start bei Feld 1 ist für Bio Suisse ein absolutes No-Go.
Quellen: Z.B. (Sanders & Heß, 2019), (Wittwer et al., 2021)